fides cantat: Eine musikalische Reise nach Wittenberg und Torgau

500 Jahre Gesangbuch. Dieses besondere Jubiläumsjahr stand für den Madrigalchor bei St. Anna unter besonderen Vorzeichen. Vom 19. bis 21. April 2024 war der Chor auf eine musikalische Reise nach Wittenberg und Torgau eingeladen.

Diese beiden Städte, verankert in den Geschichtsbüchern als Ursprung der Reformation, bieten nicht nur ein reiches kulturelles Erbe. Eben in diesem Jubiläumsjahr auch ein außergewöhnliches musikalisches Ereignis: fides cantat. „Fides cantat – der Glaube singt“ steht für zehn renommierte Chöre aus allen Teilen Deutschlands. Sie reisen nach Torgau und Wittenberg, um an den Ursprungsorten der evangelischen Kirchenmusik jeweils einen Gottesdienst und ein Konzert zu gestalten.

Wittenberg, Torgau, Augsburg und die Reformation

Die Verbindung zwischen Wittenberg, Torgau und Augsburg, die in unterschiedlicher Hinsicht eine Schlüsselrolle in der deutschen Geschichte einnehmen, ist nicht zu übersehen. Während Augsburg als Zentrum der Reformation im süddeutschen Raum eine wichtige Rolle spielte, ist vor allem Wittenberg untrennbar mit den Anfängen der Reformation und dem Wirken von Martin Luther verbunden.

Proben am Vormittag

Diese Konzertreise war somit für den Madrigalchor bei St. Anna nicht alleine von 500 Jahren evangelischer Kirchenmusik geprägt, sondern erinnerte auch an die historische Bedeutung der drei Städte als Epizentrum der Reformationsbewegung. Am Samstagvormittag wurde geprobt …

Erholung und Entspannung am Nachmittag

… während der Nachmittag eine wunderbare Gelegenheit zur Erholung und Entspannung bot. Einige nutzen die Zeit, um an einer Stadtführung teilzunehmen, während andere vor dem Konzert noch einmal in sich gingen.

Konzert in der Schlosskirche Wittenberg

Der musikalische Auftakt unserer Reise erfolgte dann am Abend in der imposanten Schlosskirche zu Wittenberg. Unter den ehrwürdigen gotischen Gewölben, einst Schauplatz von Martin Luthers Predigten, erklangen Werke aus 500 Jahren evangelischer Kirchenmusik.

Gottesdienst in der Schlosskirche im Schloss Hartenfels

Am darauffolgenden Morgen setzten wir unsere Reise fort und begaben uns nach Torgau. In der bis auf den letzten Platz gefüllten Schlosskirche im Schloss Hartenfels durften wir den feierlichen Gottesdienst musikalisch gestalten. Die Predigt hielt Regionalbischof Dr. Dr. h.c. Johann Schneider.

Diese Konzertreise war weit mehr als nur Musik. Die intensive Probenarbeit in den Wochen davor und unsere Auftritte in Wittenberg und Torgau waren für den Chor eine Reise durch die verschiedenen Epochen der Kirchenmusik und eröffneten die tiefsinnige Verbindung zwischen Musik und Reformation. In den beiden Schlosskirchen in Wittenberg und Torgau manifestierte sich diese greifbar, bei dem jeder Ton ein lebendiges Zeugnis unseres Glaubens wurde. Die Verschmelzung historischer Bedeutung mit musikalischer Geschichte machte diese Konzertreise für uns am Ende zu einem unvergleichlichen Erlebnis.

Johannes Eppelein wird neuer Kantor an St. Anna in Augsburg

Johannes Eppelein übernimmt die A-Kantorenstelle an der evangelischen St. Anna Kirche in Augsburg. Am 1. Februar 2023 wird Eppelein seine Stelle in Augsburg antreten.

Zu seinen Aufgaben gehört neben dem Organistendienst und der kirchenmusikalischen Gestaltung der Gottesdienste, die Leitung des Madrigalchors bei St. Anna, des Augsburger Motettenchors sowie die künstlerische Verantwortung für weitere kirchenmusikalische Veranstaltungen. Hierzu zählen Konzerte, Matineen, die monatliche Stunde der Kirchenmusik oder die Orgelmusik zur Marktzeit.

„Neben der Orgel liegen mir in erster Linie die Chormitglieder, aber auch die Menschen in der Gemeinde am Herzen, die ich für die Musik, für den Glauben und Gottesdienst begeistern möchte“, so Eppelein. Seine Berufsphilosophie lasse sich beschreiben als „die Verbindung von musikalischem Anspruch, Verkündigung und Menschenliebe. Mein Werkzeug dafür ist ein Dreiklang aus Präsenz, Verlässlichkeit und Beziehung.“

Im Erhalt gottesdienstlicher Singkultur mit traditionellen und modernen liturgischen Formen sieht Eppelein eine Hauptaufgabe, um Kirche zukunftsfähig zu machen: „Gerade in musikalisch reich ausgestalteten Gottesdiensten erlebe ich oft, wie sich aus dem Zusammenspiel von Musik, Theologie und Liturgie eine intensivere Spannungskurve und emotionale Ergriffenheit bei Besucher:innen einstellt. Diese Leidenschaft für den Gottesdienst und seine vielfältige anspruchsvolle kirchenmusikalische Entfaltung möchte ich gerne für ein ansprechendes, farbiges liturgisches Leben in St. Anna einsetzen.“

Aufwachsen ist Johannes Eppelein in einem Pfarrhaus in Nittenau, einer kleinen Diaspora-Gemeinde in der Oberpfalz. Von klein auf habe er erfahren, dass es eine zutiefst christliche Tugend sei, den Menschen zugewandt zu sein, um so ein tragfähiges Gemeindeleben zu entwickeln und zu erhalten. Gerade auch in Zeiten der Coronapandemie sei dies von entscheidender Bedeutung.

Schon zu Schulzeiten rief Eppelein in seiner Heimatgemeinde zwei Chöre ins Leben. Sein Studium der Evangelischen Kirchenmusik an der Hochschule für Musik und Theater München schloss er mit dem A-Diplom ab und ergänzte es mit den Studiengängen Chordirigieren und Gesangspädagogik.

Durch die Aufnahme in das „Dirigentenforum“, dem Förderprogramm für Nachwuchsdirigenten des Deutschen Musikrates konnte er in der Folge unter Anleitung namhafter Chordirigenten Einblicke in die Arbeit mit Profichören gewinnen. „In meiner Chorpädagogik lege ich Wert auf eine verständliche und affektvolle Textdeklamation, Homogenität im Chorklang und sichere Intonation. Besonders wichtig ist mir aber ein in jedem Moment berührender Ausdruck, der die Zuhörerschaft unmittelbar anspricht und ergreift.“

Bisherige berufliche Stationen waren Taufkirchen und München (Christuskirche), Rosenheim und Lahr / Schwarzwald. Neben der Darbietung eines breiten musikalischen Repertoires veröffentlichte er auch eigene Kompositionen für Chor und Kinderchor. Außerdem war er mit Orgelbau, Finanzierung und Fundraising befasst – Erfahrungen, die ihm auch in St. Anna mit der bevorstehenden Orgelsanierung zu Gute kommen dürften.

Eppelein versteht sich in seiner Arbeit immer auch als Netzwerker und freut sich daher auf die Zusammenarbeit mit Kolleg:innen in Augsburg wie zum Beispiel im städtischen Kulturamt oder beim Leopold-Mozart-Zentrum. Der katholische Domkapellmeister Stefan Steinemann ist ein langjähriger Studienkollege und Freund. Seine evangelischen Kollegen kennt er bereits von Konventen und weiteren persönlichen Kontakten. Auf Dekanatsebene ist er Mitglied des vierköpfigen Kirchenmusikerkollegiums.

100 Jahre Madrigalchor bei St. Anna in Augsburg

Der Madrigalchor bei St. Anna ist einer der ältesten Chöre der Fuggerstadt Augsburg. Die wichtigste Aufgabe des Chores besteht darin, in den evangelischen Kirchen Augsburg die Musica Sacra zu pflegen und Gottesdienste und Konzerte musikalisch zu gestalten. Der Madrigalchor bei St. Anna wurden 1922 auf Initiative des damaligen Annakantors Siegfried-Walter Choinanus gegründet.

Musikalisch prägend seit 1922

Siegfried W. Choinanus, seit 1918 Gesangslehrer am Stetteninstitut, übernahm 1919 die Leitung des Kirchenchors von St. Anna. Im Evangelischen  Gemeindeblatt für Augsburg und Umgebung vom 18.6.1922, erschien folgende Notiz:

„Von der Evang.-Luth. Gesamtkirchenverwaltung wurde Herr Siegfried Choinanus zum Kirchenmusikdirektor ernannt. Man verspricht sich von seiner Tätigkeit eine förderliche Zusammenfassung unserer hiesigen evang. Kirchenchöre und eine sachkundige Beratung auf kirchenmusikalischem Gebiete.“

Der Forderung nach einem übergemeindlichen Chor wurde mit einem Aufruf im evang. Gemeindeblatt vom 8.10.1922 Rechnung getragen.

„Zur Gründung eines ständigen A-capella-Chores für Aufführung älterer Madrigale und protestantischer Kirchenmusik (Kantaten von J.S. Bach) werden musikalische Damen und Herren der Gesamtgemeinde hiermit aufgefordert, sich bei Kirchenmusikdirektor S. Choinanus, A 111, schriftlich anzumelden. Es sollen von November ab regelmäßige Proben (mittwochs von halb sieben oder sieben bis acht Uhr) stattfinden, doch kann das noch nach Verabredung bestimmt werden. Bekannt ist schon zur Weihnachtszeit u.a. Joh. Eccards achtstimmigen Doppelchor ‚O Freude über Freude‘ zur Aufführung zu bringen. Der A-capella-Chor soll eigens für Abendandachten, die in gewissen Abständen regelmäßig stattfinden sollen, erzogen werden. Wenn die Menge der alten Chorschöpfungen der Erbauung der evang. Gesamtgemeinde dienstbar gemacht werden soll, so kann das nur durch eine solche Vereinigung geschehen, deren Mitglieder sich der Schönheit dieser Aufgabe, die ernste Arbeit erfordert, bewußt sind – nicht nur nach der künstlerischen Seite hin, sondern auch im Hinblick auf die innerkirchliche Bedeutung.“

Daneben führte Choinanus nach einer kurzen Probenpause ab September den Kirchenchor von St. Anna fort. Geprobt wurde am Mittwoch, 8 Uhr. Erstmals erscheint die Mitwirkung der „,Evang. Madrigalvereinigung“ in einer Anzeige für ein „Geistliches Konzert in der Barfüßerkirche am Sonntag, den 5.11.1922 abends 5 Uhr.“ Neben anderen Chören sang ein „Halbchor“ der Evang. Madrigalvereinigung. Zur Aufführung gelangte die Kantate „Aus der Not der Zeit“ von Choinanus selbst. Das Konzert wurde veranstaltet vom Verein zur Erbauung einer Augsburger Konfessionskirche (die spätere St. Johannes-Kirche).

Am 11.12. 1922 wirkte die Evangelische Madrigalvereinigung neben anderen Chören an einer Weihnachtsmotette mit. Am Heiligen Abend sang die Evangelische Madrigalvereinigung Johannes Eccards achtstimmigen Doppelchor „O Freude über Freude“. Außerdem wirkte der verstärkte Kirchenchor von St. Anna mit.

Heute wird der der Chor von der Kirchengemeinde St. Anna und der evangelisch-lutherischen Gesamtkirchengemeinde Augsburg getragen. Der Madrigalchor bei St. Anna prägt als kirchliche Kulturinstitution das musikalische Leben Augsburgs in besonderer Weise und zählt zu den künstlerisch anerkannten Ensembles seiner Art. Das Repertoire richtet sich an der geistlichen Vokalmusik aus und beinhaltet sowohl A-cappella-Werke vom Frühbarock bis zur Gegenwart als auch Oratorien, Passionen und Kantaten. Eine regelmäßige Zusammenarbeit verbindet den Chor mit der Capella St. Anna.

Autor: Georg Thum


rt1-Radiobeitrag zum 100-jährigen Jubiläum

Quelle: rt1 – Evangelische Redaktion